Die Biozid-Verordnung - Was Sie wissen sollten
Die Biozid-Verordnung gilt europaweit!
Biozide sind Substanzen, mit denen Schadorganismen getötet, unschädlich oder abgewehrt werden können. Biozid-Produkte sind Zubereitungen, die einen oder mehrere biozide Wirkstoffe enthalten. Biozide Wirkstoffe können dabei chemische oder auch biologische Stoffe sein. Zu den Schadorganismen werden Insekten, Pilze, Nagetiere, Muscheln, Algen oder Bakterien und Viren (einschließlich Krankheitserreger) gezählt. Diese sind für den Menschen, für Tiere oder für die Umwelt unerwünscht bzw. schädlich.
Den Verkauf, die Abgabe und die Verwendung von Biozid-Produkten regelt die Verordnung EU Nr. 528/2012 (Biozid-Verordnung) in ganz Europa. Die Biozid-Verordnung betrifft sowohl Händler, Inverkehrbringer als auch Verwender von Biozid-Produkten.
Das Ziel dieser Verordnung ist es, den Markt von Biozid-Produkten innerhalb der Europäischen Union zu harmonisieren, gleichzeitig soll dabei ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch, Tier und Umwelt gewährleistet werden. Außerdem wird die Genehmigung von Wirkstoffen und die Zulassung von Biozid-Produkten durch die Verordnung vereinfacht.
Biozid-Produkte
Die Biozid-Produkte werden nach ihrem Anwendungszweck in vier Hauptgruppen, gemäß Anhang V der Biozid-Verordnung unterteilt:
1. Desinfektionsmittel
2. Schutzmittel
3. Schädlingsbekämpfungsmittel
4. Sonstige Biozid-Produkte
Der Einsatz von Biozid-Produkten ist sehr vielseitig, sodass jede dieser vier Hauptgruppen nochmals in weitere Produktarten, wie z.B. menschliche Hygiene, Holzschutzmittel, Rodentizide oder Antifouling-Produkte, eingeteilt wird.
Im Juli 2012 hat die Biozid-Verordnung EU Nr. 528/2012 die bis dato geltende Biozid-Richtlinie (RL 98/8/EG) abgelöst, seit September 2013 muss sie in allen europäischen Mitgliedsstaaten angewendet werden. Im Vergleich zur „alten“ Richtlinie gibt es einige Neuerungen. Der Anwendungsbereich der neuen Verordnung ist erweitert worden und schließt nun auch in situ generierte (Wirkstoffe, die erst am Anwendungsort aus einem oder mehreren Vorläuferstoffen entstehen) und vor Ort hergestellte Biozid-Produkte mit ein. Außerdem umfasst der erweiterte Anwendungsbereich auch Nanomaterialien und mit einem Biozid-Produkt behandelte Waren.
Welche Rolle spielt die Biozid-Verordnung im Reinraum?
Viele unserer Kunden setzen zur Desinfektion oder auch zur einfachen Reinigung das gängige Isopropanol oder 2-Propanol, in Form von getränkten Tüchern oder auch als Spray, im Reinraum ein.
Laut der neuen Verordnung EU Nr. 528/2012 dürfen seit dem 1. Juli 2017 nur noch zugelassene 2-Propanol-Produkte (IPA) zur Flächendesinfektion verwendet werden.
Jeder Hersteller, also auch jede herstellende Apotheke, benötigt seitdem eine Zulassung. Jede Apotheke kann theoretisch die Zulassung von Isopropanol 70 Prozent beantragen, dabei müssen aber umfangreiche Wirk- und Produktdossiers bei der Behörde eingereicht werden. Dabei werden also detaillierte Angaben zu physikalischen und chemischen Eigenschaften sowie Auswirkungen auf Mensch und Umwelt gefordert und zusätzlich fallen für die Produktzulassung hohe Kosten an. Die Herstellung von Arzneimitteln, auch wenn diese Isopropanol enthalten, bleiben weiterhin im Arzneimittelgesetz geregelt.
Das als Flächendesinfektionsmittel zugelassene
sterile IPA 70/30 Spray von Diversey
Wie funktioniert eine Zulassung in Deutschland?
Die Zulassungsstelle für Deutschland ist die Bundesstelle für Chemikalien (BfC) an der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA). Für eine EU-weite Zulassung ist die ECHA (European Chemicals Agency) zuständig. Die zuständigen Behörden in Deutschland und der EU prüfen dabei das Risiko für Verbraucher, Umwelt und Arbeitnehmer, zusätzlich wird die Wirksamkeit der Stoffe bewertet. Die Zulassung von Bioziden läuft dabei zweistufig ab. Die Wirkstoffe, die in Biozid-Produkten verwendet werden, müssen durch ein EU-weites Verfahren in die Unionsliste aufgenommen werden, erst nach dieser Aufnahme können Anträge auf eine Zulassung von speziellen Biozid-Produkten und Produktfamilien mit diesen Wirkstoffen gestellt werden. Die registrierten und zur Registrierung angemeldeten Produkte können alle eingesehen werden.
Sind andere Stoffe neben Isopropanol auch betroffen?
Nach und nach werden weitere Biozid-Wirkstoffe systematisch bewertet. Für Produkte, basierend auf diesen Wirkstoffen, die zu diesem Zeitpunkt schon auf dem Markt sind, gelten Übergangsfristen. Diese dürfen bis zur Bewertung und der Entscheidung über die Aufnahme in die Liste auf dem Markt bleiben. Enthält ein Produkt mehrere Biozid-Wirkstoffe, so fällt dieses Produkt erst unter die Verordnung, wenn der letzte Wirkstoff bewertet wurde. Solange kann dieses Produkt noch eingesetzt werden. Sprechen Sie uns gerne an und wir helfen Ihnen dabei Ihre Produkte zu bewerten und einzuordnen.
Beispielsweise Ethanol, auch beliebt zur Flächendesinfektion, wurde noch nicht endgültig bewertet und kann deshalb noch Zulassungsfrei verwendet werden. Dies wird sich aber in den kommenden Jahren ändern.
pure11 arbeitet nur mit Herstellern zusammen, deren Produkte, bzw. Wirkstoffe in der Unionsliste geführt und zugelassen sind. Bei Neuerungen und Änderungen werden Sie rechtzeitig von uns informiert. Unsere Experten sind jederzeit für Sie da, rufen Sie uns gerne an.
Gibt es Ausnahmeregelungen?
Ja, es sind Ausnahmen möglich.
Die Ausnahmeregelungen sind in §55 der VO (EU) 528/2012 niedergeschrieben. Dieser Paragraph besagt, dass abweichend der Verordnung die zuständigen Behörden eine befristete Bereitstellung von Biozidprodukten, die nicht den Voraussetzungen der Verordnung entsprechen, erlauben dürfen. Diese Ausnahme tritt gemäß der Verordnung dann ein, wenn eine Gefahr für die öffentliche Gesundheit, für die Tiergesundheit oder für die Umwelt dieses Vorgehen nötig macht.
Eine solche Ausnahme wurde beispielsweise am 04. März 2020 im Zuge des neuartigen Corona-Virus (COVID-19 / SARS-CoV-2) genehmigt. Aufgrund der Lieferschwierigkeiten industriell gefertigter Produkte zur Handdesinfektion wurde eine Allgemeinverfügung abgestimmt und durch die Bundesstelle für Chemikalien freigegeben. Demnach dürfen Apotheken Händedesinfektionsmittel selbst herstellen und verkaufen.